Wir sind dabei: Benefizregatta „Rudern gegen Krebs“

Zwei inklusiv besetzte Boote der Lebenshilfe Celle mit am Start

Celle, 19.08.2025 – Punkt 17 Uhr am Bootshaus des Rudervereins Celle auf der Ziegeninsel: Marlene Timme, Christian Stahnke, Caroline Luttermann und Carolin van der Ahe hieven auf Kommando gemeinsam den Gig-Doppelvierer „Aufholjäger“ vom Lager auf den Zweiradkarren und schieben das lange Ruderboot umsichtig runter zum Steg an der Aller. „Vorsicht, das andere Boot“, lenkt Melanie Güldenpfennig die Aktion. Sie alle bereiten sich auf die bevorstehende Regatta „Rudern gegen Krebs“ vor. Heute ist ihr vierter Trainingstag. Die Sonne strahlt vom Himmel.

Zum inzwischen fünften Mal findet die Benefizveranstaltung zugunsten des Onkologischen Forums am 6. September statt. Wegen der starken Verkrautung der Aller mussten Regatten in den vergangenen Jahren abgesagt werden. „Im September 2015 hatten wir die Benefizregatta erstmals nach Celle geholt“, freut sich Dr. Catérine Hollerbach vom Onkologischen Forum, dass die Veranstaltung gleich beim ersten Mal zur bundesweit mit Abstand größten Regatta wurde. „Das Allzeit-Hoch erreichten wir bislang bei der dritten Ausgabe 2018 mit rund 700 Teilnehmenden“.

Jetzt also wieder an Bord: Marlene Timme aus Hambühren. Sie freut sich schon. Sie macht bereits zum dritten Mal bei der Ruderregatta mit. „Wir sind immer trocken geblieben.“ Es sei toll gewesen, als sie auf der 300 Meter langen Strecke ein anderes Boot überholt hatten, ist sie noch heute begeistert und macht ihrem Lebenshilfe-Team Mut. Die Lebenshilfe Celle geht in diesem Jahr mit acht Ruderern und Ruderinnen an den Start.

Seit zehn Jahren gehört Timme zur Gartengruppe der Lebenshilfe Celle. „Da fühl ich mich pudelwohl“, schwärmt sie von ihrer Arbeit in den Celler Werkstätten , die von  verschiedenen Unternehmen und Institutionen im Celler Land für die Pflege ihrer Außenanlagen beauftragt werden. Sie sei viel draußen an der frischen Luft: Hecken schneiden, Rasen mähen, Bäume entästen. „Ich habe ja auch den Kettensägeschein gemacht.“

Marlene Timme ist ohnehin sportlich. Nicht nur, dass sie jeden Tag mit dem Fahrrad von Hambühren zur Lebenshilfe radelt, sie hat auch bereits an den „Special Olympics World Games“ in Berlin teilgenommen. National und international. Rund 7.000 Sportlerinnen und Sportler mit geistiger oder mehrfacher Behinderung aus 190 Ländern sind dafür in die Hauptstadt gereist und traten miteinander in 26 unterschiedlichen Sportarten an.

Auf den Kurz-, Mittel- und Langstrecken im Fahrradrennen errang sie auf nationaler Ebene einmal Silber und zweimal Gold. „Das war super und mein Trainer hat sich sehr gefreut!“

Rudern gegen Krebs ist eine Initiative der Mainzer Stiftung „Leben mit Krebs“. Seit 2005 gibt es die Benefiz-Regattareihe, die in ihrem nun 20. Jubiläumsjahr in 14 Städten deutschlandweit stattfinden wird. In Celle wird die Veranstaltung in Kooperation mit den Ruderklubs Celler Ruderverein, Hermann Billung und Ernestinum Hölty seit dem Jahr 2015 zugunsten des Onkologischen Forums Celle e. V. durchgeführt.

„Naja, so richtig gut lief das beim ersten Training noch nicht“, sagt Carolin van der Ahe, die bei der Lebenshilfe für Kommunikation und Marketing zuständig ist. „Da mussten wir uns noch ganz schön aufeinander einstellen. Inzwischen klappt es aber ganz gut und wir haben den gleichen Rhythmus gefunden.“ Bei der Bootsbesatzung handelt es sich um ein inklusives Team, bestehend aus Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. „Durch die inklusive Crew tragen wir den Inklusionsgedanken bei der Regatta in die Mitte der Gesellschaft und wollen damit beispielhaft für Teilhabe in allen Lebensbereichen werben.“

Die Lebenshilfe Celle startet unter der Rubrik „Health“ – Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Dazu kommen beim Wettbewerb noch Boote aus den Bereichen „Family & Friends“, also private Familien, die sich mit Freunden zusammentun, und „Corporate“ für Unternehmen und Institutionen.

Insgesamt erfordere das Rudern schon ein wenig Geschick und Übung. „Ja, manchmal ist es schon ein bisschen wackelig“, sagt Marlene Timme. „Eigentlich wollten wir das Boot paritätisch besetzen, also zwei Menschen mit Beeinträchtigung und zwei Personen ohne  Handicap. Unser Anspruch ist Zwei plus Zwei.“ Es hätten sich auch etliche gemeldet, die mitmachen wollten, als es dann aber ernst wurde, seien doch fast alle wieder abgesprungen: Boot – Wasser – wackeln – körperliche Anstrengungen – Schwimmen können. Auch der zuletzt noch interessierte Kandidat hatte erkannt, dass er sich viel zu unsicher auf dem Wasser fühlte, bedauert Carolin van der Ahe. Diese Gelegenheit nutzte jetzt Christian Stahnke, der zur Gruppenleitung Celler Werkstätten gehört. Er steigt mit ins Boot. „Ich hoffe, dass ich gut ins Team passe“, ist er zuversichtlich, dass er auch mit seinen langen Armen und Beinen den Rhythmus findet. „Ich musste mich schon mal umsetzen, denn an der anderen Position ging das nicht“, schildert er seinen ersten Einstieg.

„Wir freuen uns, dass es wieder losgeht“, sagt Onkoforums-Sprecher und Veranstaltungs-Mitorganisator Michael Sturm. Seit Jahresbeginn laufen die Vorbereitungen für die 5. Auflage der Benefizregatta. Im Juni starteten die Trainings. Am Eventtag im September werden wieder viele hundert Ruderer für den guten Zweck auf die Celler Aller kommen. Zur bundesweit größten Veranstaltung dieser Art haben sich inzwischen über 145 Teams und Boote angemeldet.

„Wir haben uns erreichbare Ziele gesteckt“, ist sich Sozialpädagogin Caroline Luttermann sicher. „Eigentlich ist es: Trocken bleiben und Spaß haben. Dabei sein ist alles!“ Und: es ist für einen guten Zweck! Luttermann ist zum ersten Mal dabei. Für sie sei es nicht so sehr der Ehrgeiz, Siege zu holen. In den ersten zwei Trainingseinheiten hat wirklich jeder mit seinem Paddel zu kämpfen gehabt. „Eigentlich ohne Sinn und Verstand. Beim letzten Mal fühlte es sich zum ersten Mal so ein bisschen nach Rudern an…“

„Ich genieße die Zeit auf dem Wasser“, findet Carolin van der Ahe. „Man ist in der Natur und es ist ein schönes Gefühl, auf dem Boot dahinzugleiten. Das ist schon toll.“ Aber: Man müsse sich auch ganz schön austoben. „Nationaltrainer Klaus Scheerschmidt hatte uns beim letzten Mal angetrieben, da hatten wir stählerne Arme und konnten uns am nächsten Tag kaum bewegen.“

Wenn das Boot dann wirklich von Null möglichst schnell vom Fleck wegkommen soll, erfordere das schon Konzentration. „Also man muss die 300 Meter auch wirklich mit ungefähr 50 Schlägen bewältigen. Da muss man sich schon konzentrieren; weil es ja auch synchron sein muss.

Und dann lassen sie das Boot zu Wasser, stellen die letzten Schrauben an ihren Sitzen und stoßen sich auf Kommando vom Steg ab. Der „Abfangjäger“ gleitet leise auf der Aller.

Steuerfrau Melanie Güldenpfennig vom Celler Ruderverein gibt Richtung und Rhythmus vor. Die Richtung stimmt, am Rhythmus wird noch gearbeitet im Gig-Doppelvierer mit Steuerfrau. Es ist ja noch Zeit…

Bericht und Fotos von L.H. Bluhm für die Cellesche Zeitung

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